In Baz Luhrmanns Adaption von F. Scott Fitzgeralds Klassiker verblasst der Rausch der Liebe gegenüber der Euphorie von Partytime. Als Roman entfaltet “Der große Gatsby” auf kleinem Raum, auf weniger als 200 Seiten, große Wirkung als Porträt der Oberflächlichkeit der Roaring Twenties, das den amerikanischen Traum feiert und gleichzeitig aushöhlt. Als Film präsentiert sich die Geschichte eines Aufsteigers, der einer romantischen Illusion erliegt, als Galerie wuchtig-glänzender Bilder, die den kritischen Kontext mitunter überstrahlt, ihn aber nicht völlig ausblendet. Von der Kamerafahrt durch das Filmlogo hinein in den dreidimensionalen Raum, in dem Nebelschwaden und Schnee fast greifbar werden, ist Luhrmanns fünfter Film visuelles Eroberungskino, das den Zuschauer ähnlich überwältigt wie der Partyrausch den etwas blassen Erzähler Carraway (Tobey Maguire), der in den Sog des verschwenderischen Lebensstils seines mysteriös zu Reichtum gekommenen neuen Nachbarn Gatsby (Leonardo DiCaprio) gerät. Das Ruhelose ist Stilprinzip in dieser Flut von Bilder- und Perspektivewechseln, von rasenden Kamerafahrten, in der sich hinter verspielter Show mitunter auch Virtuoses entdecken lässt, wenn etwa beim Blick auf eine Hausfassade individuelles Leben durch Speed-Zooms auf einzelne Fenster markiert wird. Die opulente Optik mit ihren New Yorker Digital-Panoramen ist so verführerisch wie bewusst artifiziell, lässt gerade durch 3D im Raum gestaffelte Schauplätze manchmal schablonenhaft erscheinen. Wie in “Moulin Rouge” wirkt Luhrmanns Welt wie eine traum- und theaterhafte Interpretation der realen. Das passt zum Leben der Titelfigur, das selbst märchenhafte Inszenierung ist – ein Köder für Daisy (Carey Mulligan), die sich vor Jahren gegen Gatsby und für das Geld ihres vulgäreren und untreuen Mannes entschieden hat. Luhrmanns Eigenwilligkeit zeigt sich dabei über Stil und Anachronismen hinaus am deutlichsten in der Darstellung Gatsbys, in sporadischer Überzeichnung, besonders beim ersten Wiedersehen mit Daisy. Der tragische romantische Träumer, wie ihn DiCaprio noch in “Titanic” spielte, ist Gatsby nur bedingt, denn eine wahnhafte Begleitnote ist unübersehbar. Eine konstante Sympathiefigur gibt es für den Zuschauer nicht, doch wenn der Film in der zweiten Hälfte auf sein dramatisches, von Eifersucht und Verrat gespeistes Finale zusteuert, bekommt er mehr Gewicht – und Gatsby, auch durch Fitzgeralds Dialoge, tatsächlich Größe. kob.
Originaltitel: The Great Gatsby Sprache: Deutsch/Englisch Untertitel: Dt. f. Hörg./Engl. f. Hörg. Regie: Baz Luhrmann
Kritik: Wie maßgeschneidert wirkt F. Scott Fitzgeralds Romanklassiker für Baz Luhrmann, der sich mit tragischen Lovestorys und wuchtiger Optik einen Namen machte. Den Rausch der Roaring Twenties fängt Luhrmann verführerisch ein, präsentiert dabei eine bewusst artifizielle Welt. Der kritische Kontext des Romans wird von den Bildern mitunter begraben, aber nie ganz verschüttet. Die Darstellung der Titelfigur durch Leonardo DiCaprio wirkt mitunter überzeichnet, doch in der zweiten Hälfte finden Star und Film ihr Gleichgewicht.
Filmpreise: Name: Video Download Award Jahr: 2013 Kategorie: 150.000 bezahlte Downloads in 100 Tagen
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