Ulrich Tukur glänzt in einer Charakterstudie über einen alkoholkranken Headhunter, der in Houston ein selbstzerstörerisches Tief durchlebt. Ein Drama über das Unbehagen – an sich selbst, der modernen Arbeit, dem Leben, in das man nicht hineinfinden kann: In der Rolle des Headhunters Clemens Trunschka, der seinen Auftrag nicht erfüllen kann, ist Ulrich Tukur ein Wiedergänger kafkaesker Entfremdungsindividuen und stellt abermals unter Beweis, dass er zur ersten Garde deutscher Darsteller gehört. Praktisch jede Szene zeigt ihn als leere Hülle ohne Aussicht auf Erlösung, die Kamera ruht meist auf seinem erschöpften, grauen Gesicht – außer, sie wechselt sporadisch in seine Perspektive. Aus der erlebt der Zuschauer eine Art antidramatischen Thriller, wenn dieser altgediente Anzugträger für die Chefetage eines deutschen Konzerns nach Houston reisen muss, um – ganz inoffiziell – Kontakt zu einem begehrten Manager des Energieriesen Houston Petrol aufzunehmen. Aber genau das will ihm einfach nicht gelingen, da helfen auch alle Tricks, Beschattungen und Verfolgungen nichts. Trunschka hasst sich selbst, ersäuft seinen Frust im Alkohol, der ihn überhaupt noch zusammenhält. Bastian Günther, der nach dem Episodenstück “Autopiloten” seine Autorenhandschrift weiterentwickelt und wieder einen “Transitfilm” abliefert, zwängt Tukur in eine enge Kadrage aus Business-Etagen, Hotelzimmern und Konferenzräumen, wo niemand jemals heimisch werden kann. Seine Figur ist ein antriebsloser Verdammter hinter Glasfassaden, die als Chiffre für eine fast unüberwindbare Distanz zum Leben und anderen Menschen stehen. Selbst als der enervierend aufgedrehte Hoteltester Wagner (Garret Dillahunt aus “Winter’s Bone” als Manisch-Depressiver) ihm aushilft und für grelle Culture-Clash-Farbtupfer in der grauen Arbeitswelt sorgt, stellt auch der sich nur als ein weiterer Verzweifelter heraus. Die Reise in die Seele dauert über Gebühr an, Selbstfindung und Selbstzerstörung bedingen einander, in diesem metaphernreichen, bitteren Kommentar zur Wirtschaftswelt und wie kalt sie mit ihren “Humanressources” umgeht. Die bedrückend nüchterne Schilderung bricht in Traumbildern auf, bis verschwimmt, was an diesem kontemplativen Abgesang auf eine bürgerliche Erschöpfungsexistenz noch real ist. tk.
Produktion: Martin Heisler Produktionsland: Deutschland/USA Produktionsjahr: 2012 Bildformate: 16:9 Mehrkanalton: Dolby Digital 5.1 Laufzeit: 107 min.
Kritik: Zwischen “Paris, Texas” und einem kafkaesken Alptraum angesiedelte Charakterstudie über einen Zombie der globalisierten Arbeitswelt. Ulrich Tukur liefert eine großartige Performance als sich selbst und der Welt Entfremdeter, der für seinen Job alles riskiert. Bastian Günther (“Autopiloten”) hat einen atmosphärischen, fast antidramatischen Thriller konzipiert, der das Unbehagen moderner Wirtschaft und des Einzelnen eindrücklich entfaltet. Garret Dillahunt (“Winter’s Bone”) bewirkt in einer Nebenrolle einige Culture-Clash-Farbtupfer.
Filmpreise: Name: Förderpreis Neues Deutsches Kino (Hof) Jahr: 2013 Kategorie: Förderpreis Neues Deutsches Kino
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