Und der “Verrückt nach Mary”-Preis des Jahres geht an “American Pie”: Von Insidern als Sleeperhit-Kandidat Nummer eins in der laufenden US-Sommersaison ausgemacht, bedient sich das rasend komische Debüt von Chris und Paul Weitz in vollen Zügen beim garantiert geschmacklosen Neunziger-Jahre-Humor der Farrelly-Brüder und lassen ihn gut gelaunt mit einem Feuerwerk aberwitziger Einfälle in eine Handlung einfließen, die genüßlich jedes gängige Klischee des Highschoolfilms zelebriert. Sie war überfällig, die Wiederauferstehung des respektlosen Teenagerfilms: Was “Her mit den kleinen Engländerinnen”, “Kentucky Fried Movie” und “Ich glaub’ mich tritt ein Pferd” für die siebziger Jahre und “Eis am Stiel”, “Ich glaub’ ich steh im Wald” und “Porkys” für die achtziger Jahre waren, das könnte jetzt “American Pie” für die auslaufenden Neunziger werden, ein Kultfilm für eine ganze Generation unverstandener Jugendlicher, die nicht nur unter der Pubertät leiden, sondern auch einmal über die ganzen Veränderungen und Unsicherheiten, die das körperliche Erwachsenwerden mit sich bringt, lachen wollen. Denkbar simpel entfalten die Weitz-Brüder die Handlung ihres Films, in dem vier archetypische Freunde einen Pakt eingehen, daß sie bis zum wenige Wochen entfernten Abschlußball ihre Unschuld verlieren müssen. Da ist der völlig unerfahrene Verlierer, der wenig Erfahrung mit Frauen, aber immerhin einen besorgten Vater (Comedy-Veteran Eugene Levy in seiner definitiv witzigsten Rolle) hat, der seinem Sohn bei dieser schweren Phase des Lebens – begleitet vom peinlichen Berührtsein beider – mit Rat, Tat und unendlichem Verständnis zur Seite stehen will. Da ist der Sportstar und Möchtegern-Aufreißer, der es mit Einfühlsamkeit versucht, als er mit vermeintlich coolen Sprüchen (“Meine Freunde nennen mich Nova – wie in Casanova”) nicht landen kann, und im Jazzchor seine Bestimmung findet. Da ist der unsichere Durchschnittsteen, der seine feste Freundin zum ersten Mal drängt, es aber nicht fertigbringt, ihr seine Liebe zu erklären. Und schließlich ist da der Dustin-Hoffman-in-“Die Reifeprüfung”-artige Außenseiter, der seine Popularität bei den Frauen erhöht, indem er unglaubliche Gerüchte über sich in Umlauf setzen läßt, schließlich aber bei der Mutter eines mißliebigen Klassenkameraden landet, die eine Vorliebe für alles Achtzehnjährige hat. Immer wieder überschneiden sich die vier Handlungsstränge, die sich jeweils in Ton und Stil, aber nicht in ihrer unglaublichen Sympathie für die Pubertätsnöte der Hauptfiguren unterscheiden: Den Weitz-Brüdern gelingt das Kunststück, daß man sowohl über als auch mit den liebenswerten Figuren ihres triebgesteuerten Anarchospasses lacht. Gleich in der allerersten Szene des Films wird der Verlierertyp von seinen Eltern mit übergestülptem Strumpf beim Onanieren zu einem verschlüsselten (!) Film im Pay-TV entdeckt. Eine schier endlose Szene, die ihre Peinlichkeiten im Stil der Reißverschluß-Sequenz in “Mary” ins Absurde steigert – und den Ton vorgibt für zahllose weitere Gageskapaden, in denen u. a. Sperma im Bier, Durchfall im Damenklo, die richtige Anwendung von Herrenmagazinen, vorzeitige Ejakulation, die Freuden des Internets, der Segen des Oralsex (“the Tongue Tornado”) und der unkonventionelle Gebrauch von warmem Apfelkuchen entscheidende Rollen spielen. Anders als die Farrelly-Brüder verstehen es die Weitz’, ihre Sketchparade in eine echte Handlung einzubauen, so daß ein klassischer Spannungsbogen für zusätzliche Unterhaltung sorgt. Die größte Gemeinsamkeit mit “Verrückt nach Mary” dürfte aber auch der Schlüssel des zu erwartenden Erfolges für diesen Film sein: Selbst Tage nach dem Abspann muß man beim bloßen Gedanken an “American Pie” aufs Neue lachen. Deutschlands Jugend wird dem Verleih Constantin für diesen Dr.-Sommer-Report der etwas anderen Art dankbar sein. ts.
Originaltitel: American Pie Sprache: Deutsch dts 5.1/Deutsch DD 5.1/Englisch DD 5.1 Untertitel: Dt. f. Hörg. Regie: Paul Weitz
Darsteller: Jason Biggs (Jim), Shannon Elizabeth (Nadia), Alyson Hannigan (Michelle), Chris Klein (Oz), Natasha Lyonne (Jessica), Thomas Ian Nicholas (Kevin), Tara Reid (Vicky), Seann William Scott (Stifler), Mena Suvari (Heather), Eddie Kaye Thomas (Finch), Eugene Levy (Jims Vater), Jennifer Coolidge (Stiflers Mutter), Chris Owen (Sherman), Clyde Kusatsu (Englischlehrer), Lawrence Pressman (Trainer Marshall)
Produktion: Warren Zide Produktionsland: USA Produktionsjahr: 1999 Bildformate: 1:1,85/16:9 Ton: Dolby Surround Mehrkanalton: Dolby Digital 5.1/dts Laufzeit: 91 min.
Filmpreise: Name: Bogey – Box Office Germany Award Jahr: 2000 Kategorie: Platin – 5 Mio. Besucher in 50 Tagen Features: Making of, Interviews, Behind the Scenes, Outtakes, Featurette, Entfallene Szenen
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