Vertrackt-raffinierter Zeitreisethriller, in dem ein Killer den Auftrag erhält, sein aus der Zukunft geschicktes Ich zu töten. Ganz einfach ist das Konstrukt nicht, das sich Rian Johnson für seinen dritten Kinofilm hat einfallen lassen: Im Jahr 2072 werden Zeitreisen möglich gemacht, aber sofort wieder von der Regierung verboten. Das organisierte Verbrechen hat sich eine der Zeitreisemaschinen gesichert und nutzt sie für Abfallbeseitigung der besonderen Art: Weil es wegen der Überwachungsmöglichkeiten fast unmöglich ist, Menschen zu töten und die Leichen verschwinden zu lassen, ohne dass man Spuren hinterlässt, werden unliebsame Zeitgenossen 30 Jahre in die Vergangenheit geschickt und dort im Moment der Ankunft von so genannten Loopern erschossen, die ihre Opfer dann ungestört verschwinden lassen können – niemand rechnet im Jahr 2042 mit ihnen. Die Sache ist straff organisiert – und hat einen besonderen Haken: Wenn der Kontrakt mit einem der Hitmen ausläuft, wird er selbst von 2072 zurückgeschickt – der Loop wird geschlossen, wie es im Zukunftsslang heißt: Anstatt wie üblich als Entgelt für die schmutzige Arbeit Silber auf den Rücken geschnallt zu haben, hat der Looper aus der Zukunft Gold dabei: So weiß der Killer, dass er fortan noch 30 Jahre zu leben hat, in denen er anstellen kann, worauf er Lust hat. Die komplizierte Prämisse, die nicht zuletzt wegen der Mitwirkung von Bruce Willis an Terry Gilliams visionäre Chris-Marker-Variation “12 Monkeys” denken lässt, wird schnell als Off-Kommentar mit den passenden Bildern ausgebreitet – ein retro-futuristischer Neo-Noir, will man zunächst meinen. Nun soll es auch den besten der Looper treffen, den wortkargen Joe, der noch nie einen Fehler gemacht, allerdings bei Ankunft seines Ich aus der Zukunft einen Moment zu lange zögert und sich entkommen lässt. Nun setzt die eigentliche Handlung des Films ein, denn in Rückblenden erzählt “Looper” davon, wie es Joe beim ersten Durchgang ergangen ist, nachdem er sich getötet hatte: Man erfährt davon, wie er sich durch die Liebe zu einer schönen Frau vom Verbrechen lossagen konnte. Wie er sich absetzte, um nicht vom sicheren Schicksal eingeholt zu werden. Wie der Supergangster Rainmaker ihm die Liebe seines Lebens nahm und in die Vergangenheit in den Tod geschickt hat. Und wie Joe den Plan fasst, den Spieß umzudrehen, dem abgemachten Ende zu entgehen und den Rainmaker im Jahr 2042 als Kind aufzufinden, um ihn zu töten. Er weiß allerdings nur, in welchem Krankenhaus der spätere Supergangster geboren wurde: Drei potenzielle Kandidaten gibt es, um sicher zu gehen, will er alle drei töten. Von einem der drei Kinder erfährt der junge Joe den Aufenthaltsort. Dort will er dem alten Joe auflauern und seinen Job beenden, damit die Organisation nicht länger Jagd auf ihn macht. Erst an diesem Punkt wird klar, dass Johnson den Zuschauer bislang eigentlich an der Nase herumgeführt hat. Denn eingebettet in diese vertrackte Zeitreiseplotte entpuppt sich “Looper” nun im Grunde seines Herzens und absolut überzeugend als Variation einer klassischen Westerngeschichte, genau gesagt als Variation von George Stevens’ “Mein großer Freund Shane”: Auf einer einsamen Farm findet Joe den Jungen, der womöglich der Rainmaker sein könnte, und dessen von Emily Blunt gespielte Mutter. Joe wird dem Jungen Ersatzvater, verliebt sich in die Frau – und wartet nun auf den “High Noon”, der ein paar weitere Überraschungen und Filmzitate, nicht zuletzt De Palmas “Teufelskreis Alpha”, bereit hält. Als Zuschauer muss man schon dranbleiben an der Story, die es einem nicht gerade leicht macht. Aber man sieht Joseph Gordon-Levitt und Bruce Willis gerne zu bei ihrem Katz-und-Mausspiel und stellt nach den endlosen Wendungen überraschend fest, dass “Looper” eine ganz schöne emotionale Wucht entfaltet, wenn es am Schluss ans Eingemachte geht. Ein romantischer SF-Noir-Western für den denkenden Menschen, der seine kommerzielle Reise ausgehend von seiner Weltpremiere als Eröffnungsfilm des 36. Toronto International Film Festival antritt. Schön. ts.
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