Von Sam Raimi produzierter Exorzismus-Horror um einen jüdischen Dämon, der ein junges Mädchen befällt. Schon einmal debütierte Ole Bornedal in Hollywood, kehrte aber 1998 nach dem Remake seines eigenen heimischen Hits “Nightwatch” enttäuscht nach Dänemark zurück, um dort mit Thrillern für Furore zu sorgen (“Deliver us from Evil”). Für sein zweites US-Debüt nun 15 Jahre später fand er in Sam Raimi einen versierten Produzenten, der mit Ghost House Pictures (“Drag Me to Hell”) einen weiteren jugendfreien Nummer-1-Horrorhit landen konnte. Amerikanischer Schockgehalt und europäische Mysterytradition verbinden sich zu einem routinierten Horrordrama, dem Bornedals Regie aber Originelles und Furchteinflößendes abgewinnt. Ausgangspunkt bildet ein fataler Flohmarktkauf, bei dem Em (Natasha Calis), die jüngste Tochter von Clyde (Jeffrey Dean Morgan als sehr sanfte Version von Javier Bardem), ein antikes Holzkästchen erwirbt, das sich wie in “Hellraiser” als Büchse der Pandora erweist und bereits die Vorbesitzerin lebensgefährlich verletzte. Unbemerkt von den in Scheidung lebenden Eltern hypnotisiert die mit hebräischer Schrift verzierte Schachtel die kleine Em, immer, wenn sie am Wochenende das leer stehende, in einer öden Bauwüste gelegene Haus ihres Vaters besucht. Der Stress des Scheidungskinds evoziert paranormale Phänomene gesundheitsschädlicher Natur, die unbehelligt von ihr Besitz ergreifen können, weil die hysterische Mutter (Kyra Sedgwick) dem verzagten Vater für alles die Schuld gibt und Rettungsversuche anwaltlich blockiert. Schließlich wendet sich der Hilfesuchende an chassidische Rabbis, von denen nur der junge Tzadok (Hip-Hop-Musiker Matisyahu) mit einem Ritual das als Dibbuk identifizierte Wesen austreiben will, bevor es den Körper seiner Tochter endgültig besetzt. Lange Zeit mutet “The Possession” wie ein Familiendrama an, aus dem sich der Horror als Manifestation zwischenmenschlicher Probleme erst herausschälen muss. Dies geschieht mit Anleihen bei “Amityville Horror” und vor allem “Der Exorzist”: Als dessen jüdische Variante – mit einem orthodoxen Ritual und Dämon aus dem Fundus der Kabbala – kann man Bornedals Tragödie eines verzweifelten Vaters, der hart dafür bestraft wird, nicht für seine Tochter da zu sein, betrachten. Der Vateralptraum über die radikale Entfremdung vor seinem Nachwuchs, der am Beginn der Pubertät nicht nur metaphorisch, sondern buchstäblich etwas Unkontrollierbares hochwürgt, schraubt sich ganz langsam in die Dunkelheit. Mit erstaunlichem Gespür für Farbe, Licht und Schatten erwirkt Bornedal ein Chiaroscuro, das, unterlegt vom Mysteryscore, gekonnt unheimliche Atmosphäre verbreitet. Er findet in dem sukzessiven Crescendo immer wieder ruhige Szenen, von denen sich der Schrecken ausbreiten kann und schließlich in einem so effektvollen wie effektiven Finale mündet, das richtig Angst machen will. Der vorhersehbare Ablauf und das saumselige Verhalten der Beteiligten werden erfahrene User zwar unterfordern, Ästheten finden indes Gefallen am ausgefeilten Stilwerk und Thrillseeker am furios choreographierten Dämonenspuk. tk.
Originaltitel: The Possession Sprache: Deutsch dts HD 5.1 MA/Englisch dts HD 5.1 MA Untertitel: Deutsch Regie: Ole Bornedal
Darsteller: Jeffrey Dean Morgan (Clyde Brenck), Kyra Sedgwick (Stephanie Brenck), Madison Davenport (Hannah), Natasha Calis (Em), Grant Show (Brett), Matisyahu (Tzadok), Rob LaBelle (Russell), Agam Darshi, John Cassini
Produktion: Sam Raimi Produktionsland: USA Produktionsjahr: 2012 Bildformate: 1:2,40/1080p Mehrkanalton: dts HD 5.1 MA Medienanzahl: 1 Laufzeit: 94 min.
Kritik: Fesselnder Gruselthriller, der bewährten Horrormotiven neue Facetten abringt und mit getragenem Ernst eine düstere, überzeugende Gruselgeschichte serviert. Sam Raimi (“Spider-Man”) produzierte, und der Däne Ole Bornedal, 1998 mit “Nightwatch” schon mal in Hollywood vorstellig, führt Regie bei dieser sozusagen jüdischen Version des “Exorzist”. Jeffrey Dean Morgan und Kyra Sedgwick spielen glaubwürdig Ehekrieg, aber der Satansbraten stiehlt die Show. Erste Wahl für Horrorfans.
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