Mit seiner Verfilmung von Timur Vermes’ provokantem Bestseller wandelt David Wnendt auf dem schmalen Grat zwischen Satire und Reality-TV, bei dem einem das Lachen im Halse stecken bleibt. In einer Zeit, in der Asylantenheime brennen, Rechtsradikale mit ausländerfeindlichen Parolen durch die Straßen ziehen und Deutschland in Bezug auf die Flüchtlingssituation womöglich vor seiner größten Herausforderung seit dem Ende des Nationalsozialismus steht, kommt ein Film in die Kinos, der sich mit der Frage beschäftigt: Was wäre, wenn Hitler gar nicht tot ist und plötzlich im Berlin von heute auftaucht? Ob der Zeitpunkt der Herausbringung nun passend oder unpassend sein mag, sei einmal dahin gestellt, Fakt ist, dass der Roman zum Film vor drei Jahren erschien, zum Bestseller wurde und nicht zuletzt dank der von Christoph Maria Herbst gelesenen Hörbuchfassung zum medialen Großereignis avancierte. Das dürfte nun auch der Leinwandversion von “Er ist wieder da” gelingen, zumal sich die Macher um Regisseur David Wnendt (“Feuchtgebiete”) etwas ganz Besonderes einfallen ließen. Statt das in der Ich-Form aus der Sicht Hitlers geschriebene Buch eins zu eins zu übernehmen, streute man Dokumentarmaterial ein und unterfütterte die abgrundtief böse Satire vom Aufstieg des Diktators zum großen TV-Entertainer mit Statements, die aus in “Borat”-Manier geführten Straßen-Interviews mit deutschen Bürgern stammen. So witzig es sein mag, Hitler etwa nur mit einem (sehr langen) Unterhemd bekleidet in einer türkischen Reinigung zu beobachten, so erschreckend ist es wiederum, wenn Menschen vor laufender Kamera im Gespräch mit der von Oliver Masucci verkörperten Führer-Figur keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen Ausländer machen. Nur ein Passant hat auf Hitlers Frage “Würden Sie mir auch folgen?” die passende Antwort parat: “Jetzt ist schlecht. Muss ja arbeiten.” Während Katja Riemann, die als Senderchefin Hitler zur TV-Karriere verhilft, als eine Art Reinkarnation von Leni Riefenstahl alle Register ihres diabolischen Könnens zieht, nimmt Christoph Maria Herbst mal wieder mit einer Variation seiner “Stromberg”-Figur als Riemanns Gegenspieler vorlieb. Denn die Titelrolle ist dem Theatermimen Masucci vorbehalten, der seine Sache, vor allem was die penetrante Stimme betrifft, sehr gut macht. “Er ist wieder da” ist immer dann komisch, wenn mit Anachronismen gearbeitet wird – Hitler im Supermarkt, Hitler beim Computer-Crash-Kurs, Hitler als Talk Show-Gast. Wenn die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen, wenn etwa der Führer auf ein Pläuschchen in der NPD-Zentrale “vorbeischaut” oder ein “Störenfried” von Neonazis verprügelt wird, dann wird aus Satire traurig-bitterer Ernst, ist dem Betrachter das Lachen längst schon im Halse stecken geblieben. “Hitler ist immer eine Gratwanderung”, heißt es einmal im Film. Dem ist nichts hinzuzufügen. lasso.
Originaltitel: Er ist wieder da Sprache: Deutsch dts HD 5.1 HR/Dt. f. Sehg. Untertitel: Dt. f. Hörg. Regie: David Wnendt
Darsteller: Oliver Masucci (Adolf Hitler), Fabian Busch (Sawatzki), Christoph Maria Herbst (Sensenbrink), Katja Riemann (Bellini), Franziska Wulf (Krömeier), Lars Rudolph (Kioskbesitzer), Michael Kessler (Michael Witzigmann), Michael Ostrowski (Rico Mancello), Gudrun Ritter (Großmutter Krömeier), Christoph Zrenner (Gerhard Lummlich), Ramona Libnow (Mutter Sawatzki), Thomas Thieme (Senderchef Kärrner), Frank Plasberg, Roberto Blanco, Jörg Thadeusz
Produktion: Christoph Müller Produktionsjahr: 2015 Bildformate: 1:1,85/1080p Mehrkanalton: dts HD 5.1 HR Laufzeit: 115 min.
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