Heitere kultur- und generationenübergreifende Familiengeschichte, die lustvoll mit Klischees spielt und Türken und Deutschen den Spiegel vorhält. Wenn’s um Multi-Kulti geht, verstehen die Deutschen selten Spaß, fuchteln lieber mit dem pädagogischen Zeigefinger herum und bei Filmen um Türken mit Migrationshintergrund darf sich zwar Fatih Akin Humor erlauben, aber seine Dramen wie “Kurz und schmerzlos” und “Gegen die Wand” wie auch Feo Aladags “Die Fremde” sind dem Feuilleton in ihrer Drastik lieber. Weit weg von gewalttätigen Männern und geknechteten Frauen bewegt sich Yasemin Samderelis manchmal erfrischend politisch unkorrekte Komödie, die sie gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Nesrin schrieb. Beide sind in Dortmund geboren und aufgewachsen und erzählen subjektiv und ohne Larmoyanz vom Migrantendasein und sagen: Wir sind hier und das ist auch gut so! Dabei spielen sie mit Klischees, Sitten und Gebräuchen, wobei Türken wie Deutsche ihr Fett abkriegen, vor allem die Alemannen, die mit hängenden Mundwinkeln durchs Leben schleichen, in der U-Bahn über Migranten mosern und mit großem Genuss Stempel auf Formulare knallen, während der Südländer meistens variantenreich speist, sich augenzwinkernd selbst auf die Schippe nimmt und fröhlich tanzt. Nicht immer, aber sehr oft sind die Überspitzungen einfach witzig, wenn die Kids Weihnachten feiern wollen und die Mama von Tannenbaum und Bescherung Null Ahnung hat oder die fruchtbare Beziehung der Enkelin mit einem Engländer den trockenen Kommentar hervorruft, “hätte es nicht wenigstens ein Deutscher sein können?”. Verdienter Lohn der Mühen für Regisseurin Yasemin Samderelis und ihr Team: Der Deutsche Filmpreis 2011 in Silber. Am Anfang der Geschichte von Hüseyin Yilmaz, der Ende der 1960er Jahre als 1.000.001 Gastarbeiter nach Deutschland kam, die Familie nachholte und nach über vierzig Jahren mit seiner Frau einen deutschen Pass erhält, steht die Frage des sechsjährigen Enkels, “Wer oder was bin ich eigentlich – Deutscher oder Türke?”, weil den Sohn eines Türken und einer Deutschen weder die türkischen noch die deutschen Mitschüler in ihre Fußballmannschaft wählen. Eine Identitätsfrage, um die sich die Kinder des Patriarchen aufgrund ihrer gelungenen Integration keine großen Gedanken machen. Als der beim üppigen Mahl den Seinen eröffnet, er habe ein Haus in Anatolien gekauft und die widerstrebende Sippe auffordert, gemeinsam dorthin zu fahren, beginnt eine Reise voller Streitereien und Versöhnung, die mit einer tragischen Wendung endet. Während die erste Hälfte vor Frohsinn strotzt, gibt es in der Mitte einen etwas plötzlichen Bruch zu ungewohnter Ernsthaftigkeit, die sich nach einem kurzen Holpern in das Ganze einfügt. Und wenn der Enkel in einer bewegenden Rede den toten Großvater bei einem politischen Festakt vertritt, darf ein Tränchen kullern. mk.
Originaltitel: Almanya – Willkommen in Deutschland Sprache: Deutsch/Türkisch Untertitel: Deutsch/Türkisch Regie: Yasemin Samdereli
Darsteller: Vedat Erincin (Hüseyin, alt), Fahri Yardim (Hüseyin, jung), Lilay Huser (Fatma, alt), Demet Gül (Fatma, jung), Rafael Koussouris (Cenk), Aylin Tezel (Canan), Denis Moschitto (Ali), Petra Schmidt-Schaller (Gabi), Aykut Kayacik (Veli, alt), Aycan Vardar (Veli, jung), Ercan Karacayli (Muhamed, alt), Kaan Aydogdu (Muhamed, jung), Siir Eloglu (Leyla, alt), Aliya Artuc (Leyla, jung), Arnd Schimkat (Polizist), Antoine Monot, Jr. (Nachbar), Axel Milberg (deutscher Beamter), Oliver Nägele (Politiker), Jule Ronstedt (Lehrerin), Tim Seyfi (Gemüsehändler), Walter Sittler (Mann im Krämerladen), Aglaia Szyszkowitz (Ärztin), Katharina Thalbach (Frau im Bus), Saskia Vester (Nachbarin)
Produktion: Dr. Andreas Richter Produktionsland: Deutschland Produktionsjahr: 2010 Bildformate: 1:2,35/1080p Medienanzahl: 1 Laufzeit: 101 min.
Kritik: Die fröhlich-herzliche Multikultikomödie über 40 Jahre Deutschland aus der Sicht türkischer Gastarbeiter beruht teilweise auf eigenen Erfahrungen der Schwestern Yasemin und Nesrin Samdereli, die in dieser Generationen übergreifenden Familiengeschichte gewitzt und gekonnt sämtliche Vorurteile durch den Kakao ziehen. Während die erste Hälfte die Zuschauer zum Lachen bringt, dürfen in der zweiten die Tränen fließen. Einer der großen Kinopublikumserfolge des ersten Halbjahrs, der nun auch in den Videotheken zum Überflug ansetzt.
Filmpreise: Name: Gilde-Filmpreis Jahr: 2011 Kategorie: Deutscher Film
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