Wim Wenders einmal anders: Musikfilm mit den derzeit wunderbarsten alten Männern, Son-Musikern aus Kuba, privat, im Studio und auf der Konzertbühne. Ein Dokumentarfilm, dem das Spannendste scheinbar mühelos gelingt: Gesichter von Menschen zu zeigen und in ihnen deren Geschichte zu entdecken, für den Zuschauer sichtbar und spürbar zu machen. Wenders, zu diesem Film angeregt durch Ry Cooder, tritt als Regisseur und Autor hinter seinen Gegenstand zurück und läßt die Bilder mit der Musik für sich sprechen. Und auf einmal ist man mitgerissen. Und man muß nicht ein Liebhaber von Latino-Musik sein, um sich von dieser einfachen, großartigen und würdevollen Emotionalität anstecken zu lassen. Havanna. Verfallene Straßen und Häuser, die nur noch entfernt vom Glanz einstiger Hochkultur und Reichtum zeugen. Während eines Spaziergangs durch die Stadt erinnert sich die 68jährige Bolera-Sängerin Omara Portuondo an ihr musikalisches Elternhaus, in dem sie schon als kleines Kind Lieder gesungen hat – Passanten erkennen die Edith Piaf von Kuba, und ein Mädchen stimmt in einen ihrer Songs ein. Der Pianist Ruben Gonzales, 80 Jahre alt, sitzt in einer alten Turnhalle an einem verstimmten Klavier, spielt zu den Übungen kleiner Ballettschülerinnen und erzählt, daß die Arthritis seine Karriere fast schon beendet hatte, daß er noch einmal auf einer Konzertbühne auf einem Steinway-Flügel spielen würde, hat er schon nicht mehr zu träumen gewagt. Mit einer brennenden Zigarre unterwegs und funkelnden Glanz in den Augen weiß der 91jährige Sänger und Gitarrist Compay Segundo strahlend zu berichten, daß er bereits seit 85 Jahren Zigarren raucht. Und der Sonero Ibrahim Ferrer, 71, hatte schon lange keine Musik mehr gemacht und sich seinen Lebensunterhalt als Schuhputzer verdient, als Ry Cooder ihn ins Studio rief. Sein Album mit diesen fabelhaften Kubanern, “Buena Vista Social Club”, wurde mit einem Grammy ausgezeichnet und ein weltweiter Erfolg. Der Film ist eine schöne visuelle Ergänzung der CD, denn diese entspannte kubanische Campesino-Musik bekommt in den Bildern eigentlich erst ihr richtiges Leben. Die Würde dieser Männer und ihre Lebensfreude, die Trauer und Melancholie ebenso kennt wie Witz und Zärtlichkeit, erscheinen uns wie aus einer anderen Zeit und einer fremden Welt, die eine unwiderstehliche Faszination hat. Und wenn man die Musiker dann sieht bei den einzigen drei Konzerten, die sie in dieser Formation gegeben haben und so nie mehr auftreten werden, dann schaffen sie auf den Bühnen von Amsterdam und New York, in der altehrwürdigen Carnegie Hall karibisches Ambiente und Lebensgefühl. Im Zusammenspiel mit ihnen zeigt Ry Cooder unverhohlen seine Begeisterung und seine Hochachtung und drängt sich nie in den Vordergrund. Und obwohl diese Musik politisch unterdrückt wurde, haben die Musiker sie nie sterben lassen, sie gehört zu ihrem Leben wie das Atmen. Ry Cooder formuliert das so: “In Kuba fließt die Musik wie ein Fluß. Sie beschützt dich und baut dich von innen nach außen neu auf.” In diesem Sinne wünscht man sich den Film manchmal, vor allem in der ersten Hälfte, organischer im Erzählfluß. Der Schnitt, diesmal nicht von Wenders’ bevorzugtem Cutter Peter Przygodda, sondern von Brian Johnson, erzeugt oft eher Hektik als Gelassenheit, die die Musiker ausstrahlen, und kümmert sich wenig um den Rhythmus der Musik. Trotzdem – dieser erste Musikfilm von Wim Wenders hat etwas Erfrischendes, weil er jenseits der Genregeln das Besondere seines Themas im direct-camera-Stil ohne meditativen Überbau aufzeigt. Ein Film für Fans und solche, die es werden wollen. fh.
Originaltitel: Buena Vista Social Club Sprache: Spanisch Untertitel: Deutsch Regie: Wim Wenders
Darsteller: Ry Cooder, Ruben Gonzales, Compay Segundo, Ibrahim Ferrer, Eliades Ochoa, Omara Portuondo, Manuel “Guajiro” Mirabal, Orlando “Cachaito” Lopez, Barbarito Torres, Manuel “Puntillita” Licea, Raul Planes, Felix Valoy, Richard Eques, Maceo Rodriguez, Joachim Cooder
Filmpreise: Name: Bogey – Box Office Germany Award Jahr: 1999 Kategorie: 1000 Besucher pro Kopie am Startwochenende Features: Hintergrundinformationen über Kuba
Um dir ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn du diesen Technologien zustimmst, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn du deine Zustimmung nicht erteilst oder zurückziehst, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional
Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.