Peter Jacksons Auftakt zur zweiten Ringtrilogie erfüllt die hohen Qualitätsstandards der ersten und setzt, erstmals in 3D, ein visuelles Ausrufezeichen. “Halt, ihr Narren!”, möchte man im Geiste Gandalfs den Unglückspropheten zurufen, die progressive Technik als Rückschritt abqualifizieren, über Tempo 30 im Kino lamentieren und bei allen Zahlenspielen die Bilanz verdrehen. Ja, es werden drei statt zwei Filme und diese mit 48 statt 24 Bildern pro Sekunde gedreht, zudem 13 Zwerge in die Story eingeführt. Doch diese 166 Minuten bieten Spektakelkino von größtem Unterhaltungswert. Als unbegründet erweisen sich auch die behaupteten Kollateralschäden der verdoppelten Framerate. Kopf- oder Bauchschmerzen haben also weiterhin primär organische Ursachen, und die Künstlichkeit einiger Bilder liegt in der Natur des Studiodrehs und eines Genres, das Fantasy und eben nicht Reality heißt. Das Artifizielle war weder der ersten Trilogie und schon gar nicht “Avatar” fremd, wurde vom Zuschauer aber, gefangen im erzählerisch-emotionalen Sog, vorbehaltlos akzeptiert. Das wird auch bei “Der Hobbit” so sein, der wie “Die Gefährten” mit einem Presto beginnt, dann in der Vorstellung seiner Helden ein gesetztes Adagio folgen lässt. Das ist nicht Tempoverschleppung, sondern Charakterisierung und hat zur Folge, dass man zumindest der Hälfte der Zwerge Persönlichkeiten zuordnen und so ein mögliches tödliches Ende ihrer Reise tatsächlich auch mitfühlen kann. Neuzugang im Miniatur-Squat-Team ist der von Martin Freeman sehr nuancenreich gespielte Hobbit. Die gemeinsam mit Zauberer Gandalf angetretene Mission ist die Rückeroberung des Zwergenreichs, das der Drache Smaug vor Jahrzehnten in Schutt und Asche gelegt hat. Der Drache, Riesenspinnen und der beginnende Einfluss Saurons werden allerdings nur angedeutet, im Fokus stehen ein diabolischer Riesenork, monströse Trolle und Scharen von Orks, denn auch in der zweiten Trilogie ist das Böse auf mehreren Schultern verteilt. Eine unterirdische Orkschlacht ist die beste von vielen guten Actionsequenzen – voller kinetischer Kamerafahrten wie auch Perspektive- und Schauplatzwechseln. Auch der coolste Schizophrene der Populärkultur hat hier erneut einen unvergesslichen Auftritt. Vielleicht kann man Jackson vorwerfen, dass er das Zwergeschütteln auf Bäumen oder Brücken übertreibt, vielleicht auch beklagen, dass dem Film ein Schockmoment wie Boromirs Tod fehlt und er, getreu dem Buch, das Komische stets über das Düstere stellt. Unbestritten aber ist, dass die Bilder in Schärfe und Detailreichtum Maßstäbe setzen, dass Jackson den Raum in 3D spektakulärer denn je durchkreuzen kann, dass auch diese Mittelerdemission echtes Eventkino und trotzdem nur spektakuläres Vorspiel ist. Denn das Beste wird noch folgen – und wir auch ihm. kob.
Originaltitel: The Hobbit: An Unexpected Journey Serientitel: Herr der Ringe Sprache: Deutsch dts HD 7.1 MA/Englisch dts HD 7.1 MA/Spanisch DD 5.1 Untertitel: Spanisch/Arabisch/Bulgarisch/Dänisch/Dt. f. Hörg./Engl. f. Hörg./Finnisch/Isländisch/Norwegisch/Polnisch/Portugiesisch/Schwedisch/Ungarisch Regie: Peter Jackson
Darsteller: Sir Ian McKellen (Gandalf der Graue), Martin Freeman (Bilbo Beutlin), Richard Armitage (Thorin Eichenschild), Cate Blanchett (Galadriel), Sir Ian Holm (Bilbo, alt), Christopher Lee (Saruman), Luke Evans (Bard), Hugo Weaving (Elrond), Elijah Wood (Frodo), Andy Serkis (Gollum), Jed Brophy (Nori), Adam R. Brown (Ori), John Callen (Oin), Mark Hadlow (Dori/Bert), Peter Hambleton (Gloin/William), Stephen Hunter (Bombur), William Kircher (Bifur/Tom), Sylvester McCoy (Radagast), Bret McKenzie (Lindir), Graham McTavish (Dwalin), James Nesbitt (Bofur), Dean O’Gorman (Fili), Aidan Turner (Kili), Evangeline Lilly (Tauriel)
Produktion: Peter Jackson Produktionsland: USA Produktionsjahr: 2012 Bildformate: 1:2,40/16:9 Mehrkanalton: dts HD 7.1 MA Laufzeit: 170 min.
Kritik: Mit ruhiger Einführung und zunehmender Actionfrequenz repetiert Peter Jackson das Rezept des Auftakts zur ersten “Ring”-Trilogie. Die erstmals in 3D und mit doppelter Bildrate gedrehte Mittelerdemission überzeugt mit ihren Breitwandtableaus und dynamischer Action, lässt Jackson den Raum mit Kamerafahrten und Perspektivewechseln spektakulärer denn je durchkreuzen. Die im Vorfeld befürchteten Kollateralschäden der erhöhten Framerate, Kopfschmerzen und Künstlichkeit der Bilder, erweisen sich als weitgehend unbegründet.
Filmpreise: Name: Bogey – Box Office Germany Award Jahr: 2012 Kategorie: 1 Mio. Besucher in 10 Tagen
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