Bildgewaltiges Historienspektakel über Moses und den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten. “Gewidmet meinem Bruder, Tony Scott”, verkündet eine Tafel nach der letzten Schwarzblende, nach dem letzten gewaltigen Bild des Films: Der jüngere Bruder von Ridley Scott hatte sich am 19. August 2012 das Leben genommen. Es fällt schwer, nicht das gesamte Gewicht der Trauer zu spüren, das während der Dreharbeiten auf den Schultern des Filmemachers gelastet haben musste. Nicht zuletzt erzählt “Exodus” auch vom Kräftemessen zweier Brüder, von denen es dem einen nicht gelingen wird, den anderen vor dem Untergang zu retten. Aber das natürlich mit epischem Atem und festem Pinselstrich gemalt auf der denkbar größten Leinwand. Immerhin handelt es sich beim fünften Historienspektakel in der Karriere Scotts um seine Variante der Bibelgeschichte, die Hollywood bereits zu “Die zehn Gebote” und “Der Prinz von Ägypten” inspiriert hatte: die zweitgrößte Geschichte, die jemals erzählt wurde. Religiöse Verklärung oder spirituelle Erbauung darf man sich indes nicht erwarten von dem abgebrühten Realisten, der gerade erst vor einem Jahr mit “The Counselor” einen seiner desillusioniertesten Blicke auf die Bestie Mensch geworfen hatte. Sein Moses ist entsprechend kein strahlender Held, der von den Prüfungen Gottes gestärkt wird und seinen Glauben findet, sondern ein innerlich zerrissener Mann, gepeinigt von dem Gedanken, im Auftrag eines Gottes zu handeln, der aus einer Laune heraus ein ganzes Volk über den Nil schickt. Vielleicht aber auch nicht. Ridley Scott ist clever genug, die Szenen mit Moses und Gott geschickt ambivalent zu halten. Womöglich, so sagt der Film, handelt es sich ja auch um eine Wahnvorstellung seines Protagonisten, der dem Allmächtigen zum ersten Mal begegnet, nachdem er sich den Kopf bei einem Sturz an einem Fels gestoßen hat und nun in einem der stärksten Momente des Films im Schlamm zu versinken droht, bis nur noch sein Gesicht zu sehen ist: der machtlose Mensch, der im Schmutz versinkt. “Exodus” zeigt Gott in Gestalt eines Kindes, aber Scott meint es wohl nicht bildlich, sondern es ist sein Kommentar, wie er Gott sieht: als kleines, launisches, grausames Kind, voller impulsiver, unlogischer Entscheidungen. Und Moses ist es, der das Kreuz zu tragen hat in diesem erwachsenen Epos, das mit politischen Intrigen am ägyptischen Hof beginnt, mit denen ein Keil zwischen die brüderliche Freundschaft von Moses und dem jungen, schwachen Pharao Ramses getrieben wird: Erst muss eine längere Passage der Selbstfindung folgen, nachdem der Held vom Hofe verbannt wird, eine Familie in einer Einöde gründet und sich seiner jüdischen Wurzeln bewusst werden muss und seiner Aufgabe, dass es an ihm ist, sein darbendes Volk aus der Versklavung zu befreien. Dann folgt das Feuerwerk, von Scott meisterlich orchestriert, wie man es sich vom Regisseur von “Gladiator” und “Königreich der Himmel” erwartet: die Sieben Plagen, der Auszug des Volkes Israel aus Ägypten, die Konfrontation von Flüchtigen und Verfolgern und schließlich die Wassermassen des Roten Meeres, die Ramses und seine Männer verschlingen. Doch bleibt der Fokus immer auf Moses, von Christian Bale mit gewohnter Intensität großartig gespielt, ein Mann, dessen Aufgabe ihn in tiefere Abgründe blicken lässt, als er unbeschadet zu verkraften in der Lage ist. Wahnsinn ist schließlich auch die Triebfeder seines Gegenspielers, kurios besetzt mit Joel Edgerton, der dem schonungslosen Spiel Bales eine faszinierende Theatralik entgegenstellt, die sich im letzten Aufeinandertreffen der beiden auszahlt. Alle anderen sind Stichwortgeber in diesem Spektakel, selbst große Namen wie Aaron Paul, Ben Kingsley, Sigourney Weaver oder Ben Mendelsohn haben teils nur Kurzauftritte, die ahnen lassen, dass sich hinter dieser 142-minütigen Kinofassung ein noch größerer, gewaltigerer Film verbirgt. Vielleicht wird man diese lange Version auf Bluray entdecken können, wie das schon bei “Königreich der Himmel” oder “The Counselor” der Fall war: Mehr ist in diesem Fall mehr. Aber auch schon das wenigere ist beeindruckend. Weil man immer spürt, dass dieser Film eine Herzensangelegenheit ist. ts.
Originaltitel: Exodus: Gods and Kings Sprache: Deutsch dts 5.1/Englisch dts HD 7.1 MA/Diverse Untertitel: Deutsch/Englisch/Diverse Regie: Ridley Scott
Darsteller: Christian Bale (Moses), Joel Edgerton (Rhamses), John Turturro (Seti), Aaron Paul (Joshua), Ben Mendelsohn (Hegep), Sigourney Weaver (Tuya), Sir Ben Kingsley (Nun), María Valverde (Zipporah), Dar Salim (Commander Khyan), Golshifteh Farahani (Nefertari), Indira Varma (Miriam), Emun Elliott
Produktion: Peter Chernin Produktionsland: Großbritannien/USA/Spanien Produktionsjahr: 2014 Bildformate: 1:2,40/1080p Mehrkanalton: dts Laufzeit: 151 min.
Kritik: Wenn Historienepos, dann Ridley Scott: Fast 60 Jahre nach Cecil B. DeMilles “Die zehn Gebote” wagt sich der Regisseur von Filmen wie “Gladiator” oder “Königreich der Himmel” an die Geschichte von Moses und dem Auszug aus Ägypten, ein auf der denkbar größten Leinwand gezaubertes Abenteuer, das die Möglichkeiten modernster Spezialeffekte und 3D-Stereoskopie ausreizt. Und doch steht im Mittelpunkt das Schauspielerduell von Christian Bale und Joel Edgerton als Erzfeinde, die für zwei gegensätzliche Weltanschauungen stehen.
Um dir ein optimales Erlebnis zu bieten, verwenden wir Technologien wie Cookies, um Geräteinformationen zu speichern und/oder darauf zuzugreifen. Wenn du diesen Technologien zustimmst, können wir Daten wie das Surfverhalten oder eindeutige IDs auf dieser Website verarbeiten. Wenn du deine Zustimmung nicht erteilst oder zurückziehst, können bestimmte Merkmale und Funktionen beeinträchtigt werden.
Funktional
Immer aktiv
Die technische Speicherung oder der Zugang ist unbedingt erforderlich für den rechtmäßigen Zweck, die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wird, oder für den alleinigen Zweck, die Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz durchzuführen.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Präferenzen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Benutzer angefordert wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Vorladung, die freiwillige Zustimmung deines Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht dazu verwendet werden, dich zu identifizieren.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.