Enid Blytons Internats-Abenteuer um zwei charakterlich konträre Zwillings-Mädchen erleben nach rund 45 Jahren Buch- und Hörspielkarriere im Kino ihre Renaissance. Und wieder ist eine Jugendbuchklassiker-Bastion der Leinwand zum Opfer gefallen. Diesmal hat es Enid Blytons legendäre Zwillings-Abenteuer “Hanni und Nanni” erwischt. Natürlich wurde das Paradebeispiel erfolgreicher Trivialliteratur, das ja ursprünglich in einem englischen Internat der 1940er Jahre spielt, entsprechend auffrisiert, modernisiert und – wie dies damals schon bei den Buchfassungen der Fall war – ordentlich eingedeutscht. Das spürt man schon beim Vorspann, wenn zu peppiger Popmusik im MTV-Stil geschnittene Berlin-Bilder des 21. Jahrhunderts die junge bis jugendliche Zielgruppe auf das Kommende einstimmen soll. Mittendrin im Geschehen: Hanni (Sophia Münster), die gerade mit Hockeyschläger und Ball in einem Luxuskaufhaus einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufstellen will. Dies gelingt zwar, doch wird sie und ihre Schwester Nanni (Jana Münster) kurz darauf Opfer einer Intrige, die die Zwillinge als Diebinnen erscheinen lässt. Die Strafe folgt auf dem Fuß. Die auffällig gewordenen Mädchen werden von den empörten Eltern (Heino Ferch und Anja Kling) ins Internat Lindenhof, wo einst schon die Mama Mores lernte, strafversetzt. Dort angekommen werden die Zwillinge von der gestrengen Konrektorin Mägerlein (Suzanne von Borsody kommt kein Lächeln über die Lippen) schon einmal darauf eingestimmt, dass in dieser Anstalt die Pflichten im Vergleich zu den Rechten deutlich überwiegen. Doch weder die vorlaute Hockeyspielerin Hanni noch die schüchterne Cellistin Nanni lassen sich davon allzu sehr beeindrucken. Und als sie nach diversen Startschwierigkeiten zahlreiche Freundinnen finden, gelingt es dem Zwillings-Power-Duo nicht nur, das marode Hockeyteam auf Vordermann zu bringen, sie schaffen es sogar, das finanziell in Schieflage geratene Internat vor der drohenden Schließung zu retten. Eitel Sonnenschein, viel gute Laune und ein paar lösbare Kleine-Mädchen-Probleme stellt Christine Hartmann, die bisher vor allem TV-Serien (“Tatort”, “Polizeiruf 110”, “Kommissar Stolberg”) inszenierte, ins Zentrum ihres Kinoregiedebüts. Weniger Wert legt sie auf eine stringente Handlung, sie reiht vielmehr Episode an Episode – ob spektakuläres Matratzenrennen im Schulturm, witzige Pferdeentführung oder knallhartes Hockeytraining. Das nimmt dem Film etwas Spannung und Tempo, was aber durch sehenswerte Auftritte von Katharina Thalbach als Musiklehrerin Mademoiselle Bertoux mit wunderbarem französischen Akzent oder Sunnyi Melles als weltfremde wie stinkreiche Mutter einer Schülerin etwas aufgefangen wird. Die Münster-Zwillinge sind hübsch, süß und sympathisch, man merkt ihnen jedoch mangelnde Leinwanderfahrung an, Oliver Pochers Auftritt als Kaufhauspolizist ist weniger witzig als erwartet, wie überhaupt das Timing der Gags etwas zu wünschen übrig lässt und es dem Film ein wenig an Wärme und Herzlichkeit fehlt. Weil aber der Speisesaal dem aus Hogwarts ähnelt, Internatsleiterin Hannelore Elsner ein bisschen so aussieht wie Dumbledore ohne Bart und Ausstattung, Kostüme sowie Soundtrack genau das bedienen, was kleine Mädchen mögen, sollte einer glorreichen Renaissance von Blytons 45 Jahre alten Internatsgeschichten nichts im Wege stehen. lasso.
Darsteller: Sophia Münster (Hanni), Jana Münster (Nanni), Hannelore Elsner (Frau Theobald), Heino Ferch (George Sullivan), Suzanne von Borsody (Frau Mägerlein), Anja Kling (Jule Sullivan), Katharina Thalbach (Mademoiselle Bertoux), Oliver Pocher (Rüdiger Hack), Zoe Thurau (Jenny), Aleen Jana Kötter (Erika), Lisa Vicari (Suse), Ricarda Zimmerer (Kathrin), Emelie Kundrun (Oktavia), Eva Haushofer (Antonia), Davina Schmid (Linda Turn), Franca Bolenga (Sophia), Amina Heinemann (Winni), Maxine Göbel (Letitia), Sunnyi Melles (Erikas Mutter), Sophia Thomalla (Silke), Joram Voelklein (Direktor Werner)
Produktion: Prof. Nico Hofmann Produktionsland: Deutschland Produktionsjahr: 2010 Bildformate: 1:1,78 Mehrkanalton: Dolby Digital 5.1 Laufzeit: 86 min. Features: Making-Of, Musicclip
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