Hinreißend witziger Spaß über ein Girl aus der Oberschicht, das erfährt, dass es bei seiner Geburt vertauscht wurde und seine Familie tatsächlich arm wie eine Kirchenmaus ist. In einer gerechten Welt wäre Emilia Schüle nach “High Society” ein Star. In der zweiten Regiearbeit von “Keinohrhasen”-Autorin Anika Decker nach dem Kassenerfolg “Traumfrauen” spielt sie die in die Gosse verbannte Luxusgöre Anabel von Schlacht mit einer Hingabe und Furchtlosigkeit und einem köstlichen Gespür für komisches Timing, dass man dieses oberflächliche Mädchen, das Zeit seines Lebens mit dem silbernen Löffel gefüttert, nun aber erfahren muss, dass es kurz nach seiner Geburt von zwei Krankenschwestern beim Selfies-Schießen vertauscht wurde, sofort ins Herz schließt. Weil Schüle niemals zulässt, dass Anabel eine Karikatur ist, über die man sich lustig machen kann, auch wenn sie törichte Dinge tut in der realen Welt da draußen, entfernt von den Edelboutiquen der Prachtstraßen und den Edeldiscos mit Türstehern, die alle aussortieren, wenn sie nicht nach Jetset und Bling-Bling aussehen, und der heimischen Edelvilla, in der Milch und Honig im Überfluss strömen und zwischen ihr und einem unbeschwerten Edelleben in Saus und Braus bisher bestenfalls die neurotische Edelmama stand. Anabel ist eine Decker-Heldin durch und durch: schlagfertig, stolz, selbstbewusst und gesegnet mit einer todesverachtenden Bauernschläue, die ihr auch in ausweglosen Situationen ein stets guter Begleiter ist. Man hält zu ihr. Das ist entscheidend für das Gelingen des Films, der vermutlich nicht das ist, was man traditionell als gut bezeichnen würde. Auch weil ihn das gar nicht so richtig interessiert. Weil es ihm, aller klaffender Plotlöcher und hirnrissiger Entwicklungen zum Trotz, doch viel mehr darum geht, der lustigste und unwiderstehlichste deutsche Film des Jahres zu sein, ein kunterbuntes Konfekt, beseelt und berauscht von einer Energie und Freude an lustvoll gezeichneten und mit großem Geschick ausgereizter Figuren und Situationen. Wenn Anabel ihrer alten Familie den Rücken zukehrt, um bei ihrer wahren Mutter ihr Glück zu finden, einer Supermarktkassiererin, die mit zwei weiteren Kindern und noch einem Untermieter in einer chaotischen WG in einem Plattenbau lebt, dann geht es Decker nicht um den klaffenden Gegensatz von Arm und Reich oder einer Bestandsaufnahme gesellschaftlicher Realitäten, sondern um ein prickelndes Spannungsfeld, das für soviel Reibung sorgt, um der Liebesgeschichte zwischen Anabel und dem bodenständigen Polizisten Yann, gespielt mit mühelosem Charme von Jannis Niewöhner, Feuer zu machen. In den besten Momenten hat das den Drive der großen Screwballkomödien mit Hepburn und Tracy, auch weil es Anika Decker versteht, nicht nur ihre beiden Hauptfiguren mit prallem Leben zu füllen: Toll sind in diesem irren Szenario auch die beiden Mütter, die Iris Berben auf der einen und eine fast nicht wiederzuerkennende Katja Riemann auf der anderen Seite mit unheimlich viel Selbstironie absolut uneitel zu spielen. Beide Lager bekommen ihr Fett ab: Weil die Schauspieler immer die Menschlichkeit ihrer bisweilen regelrecht grotesk stereotyp überzeichneten Figuren finden, ist “High Society” mehr als nur ein Guilty-Pleasure. Der Film ist ein Brüller. Und Emilia Schüle sollte fortan ein Star sein. In einer gerechten Welt, wie gesagt. ts.
Originaltitel: High Society Regie: Anika Decker
Darsteller: Emilia Schüle, Jannis Niewöhner, Iris Berben, Katja Riemann, Jannik Schümann, Marc Benjamin, Gizem Emre, Tom Keune, Bärbel Stolz
Produktionsland: Deutschland Produktionsjahr: 2017 Medienanzahl: 1 Laufzeit: 96 min.
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