Darren Aronofskys wuchtiger Bibelstunde gelingt der Spagat zwischen Untergangsspektakel und Familiendrama. Dass seine Welt untergeht, ist für den Menschen der Moderne nichts Neues. Seine Haltung dazu tendiert zur Gleichgültigkeit, doch wenigstens im Kino ist Leidenschaft involviert. Das ist auch bei der Mutter aller Zerstörungsszenarien garantiert, die bei Fundamentalisten vielleicht die Betriebstemperatur erhöhen, aufgeschlossenen Beobachtern aber Bestätigung für ihre Skepsis gegenüber der menschlichen Natur bringen wird. Es ist müßig, die Kontroversen zur Texttreue von “Noah” zu kommentieren, wenn in der Bibel der 500-jährige Protagonist noch Söhne zeugen und mit ihnen allein eine Arche für seine Familie und die ganze Tierwelt erbauen kann. Für Letzteres versucht Regisseur Darren Aronofsky (“Black Swan”) Erklärungen jenseits des Rationalen zu finden, grundsätzlich aber akzeptiert er das Unglaubliche dieser Geschichte und zeigt, warum sie mit modernsten Mitteln erzählt werden muss. Schließlich geht es um Untergang und Neuanfang, um eine Naturkatastrophe, zu der auch der Mensch gehört, und um eine Familie, die als einzige verschont, damit aber auch für immer isoliert bleiben soll. Im Blitzprolog streift der Film die Schöpfung und den Verrat des Menschen daran. Bei Noah (Russell Crowe), seiner Frau (Jennifer Connelly) und den drei Söhnen angelangt, erinnert er atmosphärisch an das postapokalyptische Genre. Dieses könnte auch Heimat der gezeigten Plündererbanden und des von Kain abstammenden Führers eines lasterhaften Volks sein – ein Antagonist, der das menschliche Gesamtbild abrundet. Im Unterschied zu “Die letzte Versuchung Christi” zweifelt die Hauptfigur nicht an ihrer Berufung, aber am Menschen. Dass er dessen Auslöschung und die in Träumen vermittelten Botschaften des Schöpfers nie hinterfragt, macht Noah zum Fundamentalisten, zum Feind in der eigenen Familie. Dieser Konflikt über einen Neuanfang des Menschen dominiert das dramatisch etwas überhitzte Finale, doch er überschattet das visuelle Spektakel nie. Zur prachtvollen Naturkulisse von Island bestaunt man üppige digitale Zauberei, die den Einzug der Tiere, zwei starke Todesvisionen, eine imposante Schöpfungssequenz, eine gewaltige Schlacht mit mythischen Riesen, die Assoziationen an die “Ring”-Trilogie weckt, und schließlich auch die Sintflut auf die Leinwand wuchtet. Das Intime und Epische lebt fast gleichberechtigt in diesem Film, der interpretiert und extrapoliert, aber nie predigt und doch ein Bild des Menschen gleichnishaft entwirft. kob.
Darsteller: Russell Crowe (Noah), Jennifer Connelly (Naameh), Ray Winstone (Tubal-Kain), Emma Watson (Ila), Sir Anthony Hopkins (Methuselem), Logan Lerman (Ham), Douglas Booth (Sem), Kevin Durand (Og), Sami Gayle (Sami)
Produktion: Scott Franklin Produktionsland: USA Produktionsjahr: 2014 Bildformate: 1:1,85 Mehrkanalton: Dolby Digital 5.1 Medienanzahl: 1 Laufzeit: 132 min.
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