Überschwängliches Animationsmusical mit 65 Songs, in dem die Mitglieder einer Castingshow zusammenhalten müssen, um das Theater ihres Mentors zu retten. Gerade einmal sechs Jahre sind vergangen, seitdem der vormalige Blue-Sky-Studios-Executive Chris Meledandri seine eigene Company Illumination Entertainment mit “Ich – Einfach unverbesserlich” an den Start brachte. Sechs Filme und ebenso viele Kassenerfolge später ist Meledandri zuverlässigster und beständigster Konkurrent des Bollwerks Pixar/Disney Animation geworden und spätestens seit des Einverleibens von DreamWorks Animation in diesem Jahr John Lasseter ebenbürtig als Hollywoods führender Animationsmogul. Nicht zuletzt deshalb spielt “Sing” eine besondere Rolle für Illumination, die erstmals im selben Kalenderjahr zwei Titel veröffentlichen. Tatsächlich kann man den ersten animierten Film in der Karriere des Briten Garth Jennings, der vor elf Jahren mit seiner Adaption von “Per Anhalter durch die Galaxis” einen ersten, weitgehend gescheiterten Blockbuster-Anlauf unternommen hatte, als Gegenentwurf zu dem Sommerhit “Pets” betrachten, der mit Stand Mitte November der in Deutschland meistgesehene Kinofilm des Jahres 2016 ist. Ist “Pets” ein Paradebeispiel für den überschäumend unwiderstehlichen Slapstick-Ansatz der bisherigen Illumination-Filme betritt “Sing” Neuland mit zurückhaltenderem Storytelling, weniger frenetischem Tempo und deutlich gesteigerter Emotion. Wenn man in Jahren von diesem Film mit seinen 65 (in Worten: fünfundsechzig!) Songs aus allen Sparten der Popmusik (inklusive ein paar gut integrierter Eigenkompositionen) sprechen wird, wird man vor allem das furiose Finale meinen, die wunderbaren letzten 25 Minuten, in denen der Film schließlich alles einlöst, was er davor teilweise noch nicht einmal versprochen hat. Wenn alle Protagonisten antreten, um das Theater ihres glücklosen Mentors, dem Koalabär Bunny Moon, mit einem schwungvollen Auftritt nach dem anderen zu retten, steigert sich “Sing” in eine Feelgood-Raserei, der man sich nur schwer entziehen kann, selbst wenn man sich gegen die Beliebigkeit der Musikauswahl sträuben mag: Mehr gute Laune geht nicht. Es ist wahrhaft ein Happy-End, weil die Geschichte eines Castingwettbewerbs in einer Stadt voller redender Tiere zuvor ähnlich zufällig zusammen gewürfelt war wie die Songs, die einer Spotify-Playlist mit Titel “Kleinster-gemeinsamer-Nenner-Konsens-Hits” entnommen sein könnten. Eher notdürftig schleppen sich Jennings und seine Animatoren durch den Aufbau ihrer Geschichte, die es an Pfiff, Einfällen und Dringlichkeit doch vermissen lässt, wenn sich ein jugendlicher Gorilla mit Engelsstimme und kriminellem Papa, ein überfordertes Hausfrauschwein mit Megaröhre und 25 Kindern an der Backe, eine arrogante Maus mit Großmannssucht und dem Stil von Sinatra, ein rebellisches Stachelschwein mit Gespür für mitreißenden Poppunk und ein schüchternes Elefantenmädchen mit einer Intonation zum Dahinschmelzen sich zur verschworenen Einheit zusammenfinden müssen. Immer wieder landet der Film gute Gags, und die visuelle Gestaltung der Tiere und Stadt kann zwar Disneys perfekt durchgeplanter Welt in “Zoomania” nicht das Wasser reichen, aber hat doch einen so hohen Standard und Witz, dass man die Augen nie von der Leinwand nehmen kann, auch wenn die Gedanken bisweilen abschweifen. Bis, ja, bis zu besagtem Finale, das die bisherigen Längen und Flachheiten mit einem Schlag vergessen macht. Und dafür sorgt, dass “Sing” sich herumsprechen wird, weil man das dann doch miterlebt haben will, wie ein Film einen Kinosaal von einem Moment zum anderen zum Mitrocken bewegt. “Don’t you worry about a thing”, swingt Elefantenmädchen Meena zum Abschluss (mit der Stimme der begnadeten Tori Kelly – alle Originalsprecher, von Matthew McConaughey über Reese Witherspoon, Taron Egerton und Seth MacFarlaine bis Scarlett Johansson, singen selbst). Das mag man auch dem Verleih zurufen: Aller anfänglicher Mühen zum Trotz wird dieser Film seinen Weg gehen. Und für eine Mordsstimmung sorgen. ts.
Originaltitel: Sing Sprache: Deutsch Dolby Atmos/Englisch Dolby Atmos/Dänisch/Finnisch/Norwegisch DD 5.1/Schwedisch DD 5.1 Untertitel: Deutsch/Dänisch/Engl. f. Hörg./Finnisch/Norwegisch/Schwedisch Regie: Garth Jennings Produktion: Janet Healy Produktionsland: USA Produktionsjahr: 2016 Bildformate: 1:1,85/1080p Mehrkanalton: Dolby Atmos Medienanzahl: 1 Laufzeit: 108 min. Features: Making of, Musikvideos, Featurettes, Kurzfilme
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