In Lone Scherfigs Theaterverfilmung entlarven sich Englands zukünftige Leader als gebildete Idioten. Dass Wissen wie auch analytisch-rhetorische Kompetenz nur Teilfaktoren von Intelligenz sind, weist “The Riot Club” mit bitterer Schärfe nach. Qualitäten wie soziale und emotionale Intelligenz fehlen der jungen, in akademischen Exklusivverbindungen geschmiedeten britischen Elite. Das hat Folgen für die Evolution der Gesellschaft, nicht aber für den verzogenen Nachwuchs von Reichtum und Aristokratie – demonstriert in einem Lächeln, das dieses packende Drama pointiert beschließt. Zu Beginn dieser Adaption eines Theaterstücks von Laura Wade glaubt man sich im Brit-Pendant zu US-Collegefilmen, in denen Vergnügen exzessiv ausgelebt wird. Zwei Neuzugänge in Oxford, der sympathisch-bescheidene Miles (Max Irons) und der arrogant-frustrierte Alistair (Sam Claflin), geraten in den Sog der titelgebenden Geheimverbindung, die für den Club und dessen alljährliches Dinner ohne Grenzen zwei neue Rekruten sucht. Im atmosphärischen Mix aus “Wiedersehen in Brideshead” und “The Skulls – Alle Macht der Welt” erlebt man im heiter-entspannten Ton den Aufnahmeritus wie auch die Romanze von Miles mit Kommilitonin Lauren – eine normale junge Frau, die den Oberschichtzögling erdet. Dieser Öffnung von Wades Vorlage folgt die theaterhafte Verdichtung von Raum und Zeit an einem einzigen Schauplatz. Ein kleiner Landgasthof, der sein Überleben in einer betuchteren Klientel sieht, richtet das rituelle Dinner des “Riot Club” aus. Sobald das Saufgelage beginnt, verschärft sich der Ton, werden Anstandsfassaden fallen gelassen, bis der Abend nach verbalen und körperlichen Erniedrigungen in einem gewalttätigen Finale eskaliert. Trotz einer etwas simplen Polarisierung zwischen Normalvolk und Statuskönigen führt die Dänin Lone Scherfig (“An Education”) die Begriffe von Gentleman und Elite überzeugend ad absurdum, zeigt aber auch die unverminderte Potenz eines sich selbst schützenden Systems. Der mit vielen interessanten und kompetenten britischen Newcomern besetzte Film kennt letztlich nur in den drei nennenswerten Frauenfiguren (Studentin, Wirtstochter, Escortgirl) und einem ohnmächtigen Gastwirt Charaktere, die sich mit Stärke und Moral die Sympathie des Zuschauers verdienen. Der Club selbst ist ein menschlicher Dschungel, den man nur mit der Machete in der Hand betreten möchte. kob.
Originaltitel: The Riot Club Sprache: Deutsch dts HD 5.1 MA/Englisch dts HD 5.1 MA Untertitel: Englisch Regie: Lone Scherfig
Darsteller: Sam Claflin (Alistair Ryle), Max Irons (Miles Richards), Douglas Booth (Harry Villiers), Sam Reid (Hugo Fraser-Tyrwhitt), Ben Schnetzer (Dimitri), Jack Farthing (George), Matthew Beard (Guy), Freddie Fox (James), Josh O’Connor (Ed), Olly Alexander (Toby), Jessica Brown Findlay (Rachel), Holliday Grainger (Lauren), Natalie Dormer (Charlie)
Produktion: Graham Broadbent Produktionsland: Großbritannien Produktionsjahr: 2014 Bildformate: 1:2,40/1080p Mehrkanalton: dts HD 5.1 MA Medienanzahl: 1 Laufzeit: 107 min.
Kritik: Lone Scherfig seziert nach “An Education” und “Zwei an einem Tag” erneut die britische Gesellschaft und hat ihre Verfilmung eines Theaterstücks von Laura Wade mit einer Reihe ebenso attraktiver wie aufstrebender Jungdarsteller besetzt. Zu Beginn öffnet Scherfig die Vorlage, bis sich Raum und Zeit an einem Schauplatz verdichten und sich das Drama wirklich entfalten kann. Als bissiges Gegenstück zu “Club der toten Dichter” ist der exquisit inszenierte und gespielte Film eine Klasse für sich.
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