David Fincher nutzt sein packendes Porträt von Facebook-Erfinder Zuckerberg zu einer fiebrigen Gesellschaftsstudie um Geltungssucht, Macht und die Welt des schönen Scheins. Schon einmal war es David Fincher, zuletzt in den Kinos erfolgreich mit “Der seltsame Fall des Benjamin Button”, gelungen, mit einem Film ein ganzes Jahrzehnt zu definieren: “Fight Club” umriss die Neunzigerjahre in einem Rundumschlag gegen die Götzen der modernen Konsumgesellschaft als Ära der Entmannung und ließ buchstäblich die Säulen der Zivilisation zusammenstürzen. “The Social Network” seziert nun, nach einem kongenialen Drehbuch von “West Wing”-Schöpfer Aaron Sorkin, die Dekade Bush: Vordergründig das Porträt von Facebook-Erfinder Mark Zuckerberg, der mit Mitte Zwanzig Milliardär, aber kein bisschen weniger einsam wird, ist die rasende Abrechnung mit dem Mikrokosmos Harvard tatsächlich eine moderne, unbedingt relevante Variation von “Der Schatz der Sierra Madre”, kein Krimi also, mit kaum vordergründiger Action und wenig Spielraum für visuelle Kapriolen, sondern eine elektrisierende Studie der Bestie Mensch, ein Spiel vorwiegend um Geld, Macht und Geltungssucht innerhalb einer kleinen elitären Gemeinschaft – vorgetragen im rasenden Sprechtempo der Screwball-Comedies eines Howard Hawks und doch überhaupt nicht zum Lachen. Seinen Anfang nimmt “The Social Network” im Herbst 2003 mit einem intellektuellen Streitgesprächsmarathon zwischen Harvard-Student Mark (Jesse Eisenberg) und dessen Freundin Erica (Rooney Mara, ist nun auch die Lisbeth Salander in Finchers “Verblendung”), die im Thirsty Scholar Pub aneinandergeraten und an dessen Ende sie ihm den Laufpass gibt. Kurz darauf sitzt das Computergenie am PC in seiner Studentenbude und beginnt mit der Arbeit an einem Netzwerk zu arbeiten. Was als Uni-interner Bubenstreich “Bewerte das Aussehen deiner Kommilitoninnen” beginnt, entwickelt sich in verblüffendem Tempo zu einem internationalen Forum, auf dem sich Millionen Menschen austauschen, ihre kleinen Freuden und Leiden des Alltags teilen und neue “Freunde” gewinnen. Der gigantische Erfolg macht Zuckerberg zwar zum jüngsten Milliardär aller Zeiten, aber nicht alle seine 500 Millionen Facebook-User sind ihm wohlgesonnen. Auch dem Publikum des Films wird es schwerfallen, den Protagonisten als Helden zu sehen. Dieser Zuckerberg ist ein sozial inkompetenter Nerd, ein geniales Arschloch, dem man am liebsten aus dem Weg gehen möchte. Eisenberg spielt ihn höchst apathisch, fast schon autistisch. Er ist das Kind des “Fight Club”, ein hagerer, androgyner, regelrecht asexueller Spargel, wie die Figuren um ihn herum förmlich seines Körpers beraubt: Der künftige “Spider-Man” Andrew Garfield als Marks Mitstreiter Eduardo Saverin, der später von ihm ausgebootet wird, und Justin Timberlake als Napster-Erfinder, Lebemann und Drogenpartytier Sean Parker stehen dem Hauptdarsteller in nichts nach. Filigran arbeitet Fincher mit verschiedenen Zeitebenen, springt immer wieder zwischen aktueller Gerichtsverhandlung und den Facebook-Anfängen hin und her, womit er sich die Aufmerksamkeit des Publikums sichert. Bei dem virtuos inszenierten berühmten Ruderrennen zwischen Oxford und Cambridge, das die Winklevoss-Brüder, die Zuckerberg später verklagen werden, knapp verlieren, lässt der Regisseur sein Talent in puncto Zusammenspiel von Musik, Bild, Bildbearbeitung und Schnitt aufblitzen. Wenn am Ende die Assistentin des Anwalts zu Zuckerberg sagt, “Sie sind kein Arschloch, Sie kommen nur so rüber”, dann weiß man zwar immer noch nicht viel mehr über Facebook und seinen Erfinder. Dafür hat Fincher aber die ultimative Studie einer modernen Gesellschaft abgeliefert, einen Film, der den Finger nicht näher am Puls der Zeit haben könnte und doch von einer allgemeingültigen Brillanz ist, wie man sie im kontemporären Kino nicht oft findet. bf.
Originaltitel: The Social Network Sprache: Deutsch DD 5.1/Englisch DD 5.1/Türkisch Untertitel: Deutsch/Englisch/Türkisch Regie: David Fincher
Darsteller: Jesse Eisenberg (Mark Zuckerberg), Andrew Garfield (Eduardo Saverin), Justin Timberlake (Sean Parker), Rooney Mara (Erica), Bryan Barter (Billy Olsen), Dustin Fitzsimons (Phoenix Club Präsident), Armie Hammer (Cameron Winklevoss), Joseph Mazzello (Dustin Moskovitz), Patrick Mapel (Chris Hughes), Max Minghella (Divya Narendra)
Produktion: Dana Brunetti Produktionsland: USA Produktionsjahr: 2010 Bildformate: 1:2,40/16:9 Mehrkanalton: Dolby Digital 5.1 Medienanzahl: 2 Laufzeit: 115 min.
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