Hochkarätiger Cyberthriller mit absoluter Starbesetzung über einen Computercrack, der mit seinen Aktionen ins Visier anderer Hacker und der Polizei gerät. Ein moderner Thriller auf internationalem Kinoniveau. Das war die Zielsetzung von Baran bo Odar für seine zweite Regiearbeit nach dem weithin angesehenen Krimi “Das letzte Schweigen” aus dem Jahr 2010. Ziel erreicht. Und mehr. Denn “Who Am I” funktioniert eben nicht nur auf der Spannungsebene und findet zusätzlich clevere Wege, einen eher statischen Vorgang wie das Hacken filmisch ansprechend und spannend zu gestalten. Es ist auch ein stimmiger und stimmungsvoller Berlin-bei-Nacht-Film und ein cleveres Spiel mit den Erwartungen des Publikums. Odar geht weiter, als einfach nur die Dynamik der von Tom Schilling und Elyas M’Barek gespielten Hauptfiguren an der von Edward Norton und Brad Pitt in “Fight Club” zu spiegeln, er nimmt den subversiven Klassiker von David Fincher regelrecht als Basis für seine eigenen Betrachtungen über Identität, Realität und Fantasie: Was ist wahr? Was darf ich glauben? Diese Frage stellt “Who Am I” gleich in den ersten Bildern, und der Film liefert im Verlauf seiner Handlung zahllose Anspielungen, Zitate und Referenzen, von denen man aber nie genau weiß, ob sie nun Hinweise auf eine mögliche Lösung sind oder nur Sackgassen, die zusätzlich verschleiern sollen, was eigentlich offensichtlich erscheint. Zunächst geht es um den Hacker Benjamin im Mittelpunkt, eine Figur wie aus einem Superheldencomic, bevor sie zum Superhelden wird: normal, durchschnittlich, unauffällig – Benjamin selbst beschreibt sich als unsichtbar. Tatsächlich hat er eine Superkraft: seine außerordentlichen Fähigkeiten am Computer, auf die der charismatische Max aufmerksam wird und die er gewinnbringend in seiner Hackergruppe CLAY (Clowns Laughing @ You) einsetzen will, zu der außerdem noch der idealistische Paul und der anarchistische Stephan zählen. Erste subversive Streiche erregen nicht nur die Aufmerksamkeit der internationalen Computergemeinde, sondern auch der Polizei, sodass spätere größer angelegte Aktionen nicht nur Spaß, Ruhm und Ehre bringen, sondern auch die Spannungen innerhalb der Gruppe größer werden und sich die Schlinge um den Hals der Jungs zuzieht. Odar legt ein hohes Tempo vor beim Erzählen der pulsierenden Geschichte, und mit Schilling, M’Barek, Wotan Wilke Möhring, Antoine Monot und Hannah Herzsprung haben die Produzenten Wiedemann & Berg eine Besetzung gefunden, die nicht nur immer auf der Höhe des Geschehens ist, sondern auch dazu beiträgt, den Film als ein wirklich sexy und attraktives Paket zu schnüren. Daran ändert auch nicht, dass der dritte Akt nicht ganz einlösen kann, was der souveräne Einstieg verspricht: Der Hackerfürst xxx mit seiner Anonymusmaske ist ein überzeugender, vermeintlich übermächtiger Gegner in den Szenen im Cyberspace, die Odar in einem U-Bahn-Wagon in einer Art psychedelischem Maskenball, der an das Albtraumszenario in Cormans “Die Maske des roten Todes” erinnert, visuell ansprechend umgesetzt hat. Umso überraschter stellt man fest, dass sich diese bedrohliche Nemesis gar nicht als der eigentliche Gegenspieler der Helden erweist, sondern eine Cybercrime-Expertin von Europol. Was natürlich nichts an der Kommerzialität des Films ändert: Diese Clowns lachen in der Geschichte über andere, während sie dem Kinogänger ein Angebot machen, das zu reizvoll ist, um es abschlagen zu können – und allein schon deshalb so erfreulich, weil “Who Am I” ein eindeutiges Bekenntnis ist, zum Kino, seinen Geschichten und seinen Bildern. ts.
Originaltitel: Who Am I – Kein System ist sicher Sprache: Deutsch DD 5.1 Untertitel: Deutsch Regie: Baran bo Odar
Darsteller: Tom Schilling (Benjamin), Elyas M’Barek (Max), Hannah Herzsprung (Marie), Wotan Wilke Möhring (Stephan), Antoine Monot, Jr. (Paul), Trine Dyrholm (Hanne Lindberg), Stephan Kampwirth (Martin Bohmer)
Produktion: Quirin Berg Produktionsland: Deutschland Produktionsjahr: 2014 Bildformate: 1:2,40/16:9 Mehrkanalton: Dolby Digital 5.1 Medienanzahl: 1 Laufzeit: 102 min.
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