Matthew Vaughns Reboot der Hit-Reihe um Marvels Mutanten hat jüngere Helden und Schauplätze in der Vergangenheit, unterhält aber mit dem vertrauten Mix aus Dramatik, Toleranzthematik und Humor. Von den 1940er bis zu den frühen 1960er Jahren spannt sich der erzählerische Bogen dieses Actionabenteuers, an dem mehr Drehbuchautoren arbeiteten als Mutanten in der Originalcrew der X-Men. Trotzdem gelingt Regisseur Vaughn, der bereits für “X-Men: Der letzte Widerstand” und “Thor” im Gespräch war und mit “Kick-Ass” seine Comic-Affinität auf Medium-Budget-Niveau unterstrichen hat, ein relativ geschlossen wirkender Film, der eine historische Krise mit der Formierung der X-Men, ihrer Spaltung und der charakteristischen Zerrissenheit zwischen Anpassung und Aggression verknüpft. Ein langer Prolog in Auschwitz führt das bereits in Bryan Singers Franchise-Ouvertüre angedeutete familiäre Trauma des jungen Erik Lehnsherr weiter aus, verdichtet es auf die Konfrontation mit einem deutschen Nazi, der Eriks Fähigkeiten erkennt, ihn sadistisch testet und damit zum Todfeind macht, der 20 Jahre später endlich Rache nehmen will. Die tapferen, aber komisch wirkenden Deutschversuche Kevin Bacons, der dieses Monster spielt, das zur treibenden Kraft eines Nuklearkriegs werden wird, werden dank der Synchronisation keinen Schaden anrichten und so die Keimzelle der tragischen Dimension nicht erschüttern, die der Film behutsam auf mehreren Ebenen entwickelt. Betroffen wird davon auch Charles Xavier sein, der 1962 in Oxford noch am Anfang seiner Mutantenforschung steht. Ihm stellt der Film die junge Shapeshifterin Raven (Jennifer Lawrence) zur Seite, die er in seine Familie aufnimmt, bevor sie sich später als Mystique einen vertrauten Namen gibt und eine schwere Entscheidung hinsichtlich ihrer Loyalitäten trifft. Bereits in dieser Beziehung sind die Themen des Films, die Sehnsucht nach Normalität, die Kollision von Idealismus und Skepsis bezüglich menschlicher Toleranz, angelegt, die in der Freundschaft Xaviers und Lehnsherrs dramatisch konzentriert und explosiv auf den tragischen Punkt gebracht werden. Vaughns Film entwickelt schlüssig die Entwicklung der beiden Männer zu Professor X bzw. Magneto und ihren unausweichlichen Bruch. Der mit der Kubakrise aufgeheizte Kalte Krieg der Supermächte bleibt im Vergleich dazu nur Hintergrund und Auslöser eines packenden, etwa halbstündigen Finales, das mit der Spaltung der Lager die Saat für die Zukunft sät. In den Fortsetzungen ist noch Luft nach oben, können die Qualität der Effekte vereinheitlicht, die Charakterisierungen der Jungmutanten intensiviert und vielleicht auch ein stärkerer romantischer Subplot eingebaut werden. “X-Men: Erste Entscheidung” baut dafür mit den emotional engagierten Darstellungen von James McAvoy und Michael Fassbender ein solides Fundament, hält den Ton der Vorgänger, ist im Schwerpunkt ernsthaft, dabei aber auch humorvoll, hat coole “neue” Mutanten wie den Teleporter Azazel oder Eisamazone Emma Frost und einen spürbaren James Bond-Touch – gerade im Design, aber auch im Plot und besonders im genialen Mutanten McCoy als deutlich jüngeres Pendant zu Q. Und ein kurzes Wiedersehen mit zwei populären Franchise-Veteranen gibt es auch noch. kob.
Originaltitel: X-Men: First Class Sprache: Deutsch dts 5.1/Englisch dts HD 5.1 MA/Französisch dts 5.1 Untertitel: Deutsch/Englisch/Französisch/Niederländisch Regie: Matthew Vaughn
Darsteller: James McAvoy (Charles Xavier, 24 J.), Laurence Belcher (Charles Xavier, 12 J.), Michael Fassbender (Erik Lensherr/Magneto), Bill Milner (Erik, jung), Kevin Bacon (Sebastian Shaw), Rose Byrne (Dr. Moira MacTaggert), Jennifer Lawrence (Raven/Mystique), Beth Goddard (Mrs. Xavier), Morgan Lily (Raven, 10 J.), Oliver Platt (Man In Black Suit), Jason Flemyng (Azazel), Álex González (Janos Quested/Riptide), Zoë Kravitz (Angel Salvadore), January Jones (Emma Frost), Nicholas Hoult (Hank McCoy/Biest), Caleb Landry Jones (Cassidy/Banshee), Edi Gathegi (Darwin/Armando Muñoz), Corey Johnson (Chief Warden), Lucas Till (Alex Summers/Havok), Demetri Goritsas (Levene), Glenn Morshower (Colonel Hendry), Don Creech (William Stryker), Matt Craven (CIA Director McCone), James Remar (US General)
Produktion: Bryan Singer Produktionsland: USA Produktionsjahr: 2011 Bildformate: 1:2,35/1080p Mehrkanalton: dts Laufzeit: 131 min. Features: Isolierte Tonspur, Making of, Featurettes, Entfallene Szenen
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